Projektentwicklung

Das Lektorat setzt ein, wenn der Autor seine Arbeit abgeschlossen hat. Was aber, wenn er sich während des Schreibens Unterstützung oder Begleitung wünscht? Projektentwicklung ist ein dafür entwickeltes Angebot, das flexibel, gezielt und spezifisch auf Fragen des Autors reagiert – wann immer sie sich stellen.

Bisweilen geschieht das früh, denn das Wichtigste entscheidet sich am Anfang: Ton, Perspektive, Anlage eines Erzählvorhabens. Wird es ein Kammerspiel oder ein Werk für Orchester, in Dur oder Moll, wird temporeich erzählt oder mit einem langen, ruhigen Atem? Und welche Konsequenzen zieht das nach sich?

Schon die ersten 30, 40 Seiten lassen sich auf Tragfähigkeit untersuchen: Ist das Projekt auf einem guten Weg, hat es genug Kontur, Substanz, Stoff, um über die ganze Strecke zu tragen? Wo liegen die Stärken: in der Figurenzeichnung, im Skizzieren einer Atmosphäre mit schnellen Strichen, in der Zuspitzung eines Konflikts?

Sind Kopf und Projekt klar genug, erspart man sich einige Umwege.

Manchmal stößt der Autor aber auch mitten in der Arbeit auf Schwierigkeiten. Plötzlich stockt es, er weiß nicht genau, warum, vor allem nicht: wie weitermachen. Liegt es an der gewählten Perspektive? Sollte man Figuren, Handlungsstränge reduzieren, damit weder Autor noch Leser die Übersicht verlieren? Oder, im Gegenteil, erweitern? Hat sich die Geschichte unter der Hand anders entwickelt? Stimmt der Ton noch? Stellen sich Fragen der Plausibilität, der Relevanz?

Und dann steht der erste Entwurf auf dem Papier. Damit ist immer viel geleistet, aber nicht immer schon alles. Dazu einige Beispiele aus der Praxis:

Vor mir lag ein Roman, der sich an einem Kriminalfall orientierte, dabei ging es um verschiedenste Versuche auszubrechen: aus der Gesellschaft, der Vergangenheit, dem eigenen Ich. Anlage, Ton, Sprache, das alles war mehr als überzeugend, was aber noch etwas Denkarbeit erforderte, war das Verhältnis der Erzählung zu den hineinmontierten, dokumentarischen Passagen.

Ein anderer Roman versammelte eine Vielzahl von Stimmen und Figuren zum Panorama einer Epoche, die bislang von Literatur und Geschichtsschreibung vernachlässigt wurde. Alles war von großer erzählerischer Souveränität getragen, klug, berührend im besten Sinn, reich an Farben und Nuancen, nur tauchte dazwischen immer wieder das Ich des Autors auf. Es zu veranlassen, zugunsten des Erzählten so weit wie möglich zurückzutreten, war da Aufgabe und Herausforderung.

Ein nächster Roman spielte in zwei Welten mit unterschiedlichen Temperaturen: hier Heimat, dort Fremde. Die eine Welt melodisch, stimmig, in großen, schwingenden Satzperioden erzählt, voller Atmosphäre, in der anderen war die richtige Distanz zum Gegenstand noch nicht gefunden, was manche Aspekte überdeutlich in den Vordergrund treten ließ, andere dafür verschwinden. Da hieß es fragen, fragen, fragen, bis sich ein Raum öffnete, der dann betreten und beschrieben werden konnte.

So oder ähnlich verlaufen die großen Gesprächslinien, dann richtet sich der Blick auf stilistische Feinheiten, auf den Rhythmus der Sätze, auf Bilder, Anschaulichkeit, Akzente und vieles mehr, denn es ist und bleibt die Sprache, die Literatur ausmacht.

 

 

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